Marius Külp beim Finale „Jugend debattiert“

Fast 50 000 Bewerber hinter sich gelassen

Marius Külp verpasst knapp Endrundeneinzug beim Bundesfinale von „Jugend debattiert“

B e r l i n / G e l n h a u s e n (mk). Marius Külp, Schüler der zehnten Klasse des Grimmelshausen-Gymnasiums, ist dieser Tage beim Bundesentscheid von „Jugend debattiert“ im Auswärtigen Amt in Berlin angetreten (die GNZ berichtete). Mit einer abschließenden Platzierung auf dem 13. Rang verpasste er zwar den Einzug in die Finalrunde der letzten acht. Doch gibt es keinen Grund, darüber Trübsal zu blasen – immerhin zählte der Wettbewerb in seiner Altersklasse fast 50 000 Teilnehmer.

Auf den 16-jährigen Schüler aus Hailer warteten in der Vorrunde des zweitägigen Bundesfinales zwei Debatten. Drei Fragestellungen waren ihm hierfür im Vorfeld zugegangen, auf die er sich argumentativ, sowohl für pro und contra, vorzubereiten hatte. „Sollen Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden?“ und „Sollte die nächtliche Straßenbeleuchtung reduziert werden?“ lauteten schließlich seine beiden Herausforderungen. Die dritte Fragestellung „Sollte bei der Fußballweltmeisterschaft der Videobeweis eingeführt werden?“ war zum Finalthema bestimmt worden.

„Die erste Debatte über die Kinderrechte ist nicht gut gelaufen, da hat Marius die Punkte liegen lassen, die es gebraucht hätte, um in die Finalrunde einzuziehen“, erzählt Norbert Bechtold, Leiter der Debattiergruppe am Grimmelshausen- Gymnasium, der Marius Külp zum Wettbewerb nach Berlin begleitet hatte, im Gespräch mit der GNZ. Insgesamt habe Marius eine gute Leistung gezeigt, die sich eigentlich nicht von denen der Finalrundenteilnehmer unterschieden habe.

Er habe allerdings in der ersten Debatte mit strukturellen Problemen zu kämpfen gehabt. In dieser hatte Marius Külp die Contra-Position zugeteilt bekommen und argumentierte eigentlich klar und nachvollziehbar gegen die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, indem er das Vorhaben als Scheinpolitik entlarvte. „Die Juryvorsitzende hat sich allerdings als entschiedene Befürworterin der Absicht zu erkennen gegeben; da hatte Marius von Anfang an einen schweren Stand“, sagte Bechtold. Es sei eben sehr schwer, gewinnend gegen Grundüberzeugungen anzuargumentieren.

Zudem hatte Marius das Pech, als Mitstreiter für die Contra-Position einen Landessieger aus Thüringen zur Seite gestellt zu bekommen, der stets ungeheuer lange referierte. „Dieser Junge nahm allen übrigen Debattenteilnehmern die Zeit weg, um ihre eigentlich guten Argumentationen vorzutragen – keiner konnte sich richtig in Szene setzen“, sagte Bechtold. Darunter hätte nicht nur Marius, sondern auch die Gegenseite zu leiden gehabt.

Die Jury legte in der Folge allen Beteiligten negativ aus, dass sie dessen Redefluss nicht stoppten. „Aber wie hätte das denn ausgesehen, wenn Marius seinem eigenen Mitstreiter das Wort abgeschnitten hätte – da war er vielleicht etwas zu höflich“, so Bechtold.

Marius blieb in der Beurteilung mit 27 von 60 etwa zehn Punkte hinter seinem Schnitt zurück. „Wenn er die geholt hätte, wäre deutlich mehr drin gewesen“, meinte Bechtold.

Die zweite Debatte des Tages lief hingegen deutlich besser. Bei der Frage, ob die nächtliche Straßenbeleuchtung heruntergefahren werden sollte, argumentierte Marius Külp positiv. Seine Linie: Der Stromverbrauch könnte erheblich gesenkt werden. Mit einer gesteigerten Gefährdung der Bevölkerung sei nicht zu rechnen, denn der Mensch würde sich schnell an das neue Lichtniveau gewöhnen. „Marius ist sehr gut gewesen. Ihm ist lediglich ein Fehler unterlaufen, er hat nicht explizit darauf hingewiesen, dass durch die Reduktion ganze zwei Atomkraftwerke abgeschaltet werden könnten.“ Damit wäre er äußerst aktuell gewesen und hätte zusätzlich punkten können, so die Jury, erklärte Bechtold. Trotzdem wurde seine Leistung mit guten 38 Punkten belohnt.

Seine Debattenpartnerin auf der Befürworterseite sei die Schülerin Nella Sayatz aus Berlin gewesen, die schließlich den zweiten Platz der Gesamtwertung belegte. „Man hat zwischen diesen beiden überhaupt keinen Leistungsunterschied bemerkt. Das zeigte mir, dass Marius es durchaus hätte schaffen können“, sagt sein Lehrer. Der Knackpunkt sei die erste Debatte gewesen. Da hätte Marius erst kein Glück gehabt, und dann sei auch noch Pech dazu gekommen, zitierte Bechtold den „Fußballphilosophen“ Jürgen Wegmann. Natürlich sei es schade, so kurz vor dem Ziel unglücklich zu scheitern. Trotzdem habe Marius Külp eine großartige Leistung vollbracht – immerhin habe er unter 50 000 Teilnehmern seiner Altersklasse den 13. Platz belegt. Auch sonst habe sich der Trip nach Berlin sehr gelohnt. „Man nimmt von so etwas einfach unglaublich viel an Erfahrung mit – man wächst ein gutes Stück“, so Bechtold. Marius habe sich außerdem selbst zum Abschluss noch ein kleines Geschenk bereitet. Bei dem gemeinsamen Fototermin aller Landessieger im Anschluss an die Siegerehrung habe er voller Selbstbewusstsein den sonst stets von Bodyguards umringten Bundespräsidenten Christian Wulff ganze fünf Minuten lang in ein angeregtes Gespräch verwickelt. Ob Marius Külp allerdings dem Debattieren auch in Zukunft treu bleiben und vielleicht im kommenden Jahr einen neuen Anlauf bei „Jugend debattiert“ wagen wird, ist offen. „Ich hoffe es jedenfalls, der Junge hat wirklich viel Potenzial“, betont Bechtold.

(Quelle: „Gelnhäuser Neue Zeitung“ vom 11.06.2011)