Der renommierte Übersetzer und ehemalige Lektor Reinhard Kaiser besuchte am Mittwoch, den 27. Mai, das Grimmelshausen Gymnasium; in der Klasse 10.2 hielt er einen Vortrag über sein neuestes Werk, Grimmelshausens „Simplicius Simplicissimus“, den er aus dem Deutschen des 17. Jahrhunderts in leichter verständliches, modernes Deutsch übersetzt hat.
Reinhard Kaiser, der in 33 Jahren als Übersetzer schon 71 Bücher bearbeitet hat, zählt zu den gefragtesten Übersetzern Deutschlands. Normalerweise widmet er sich Büchern aus dem Englischen, aber „die Idee, aus dem Deutschen ins Deutsche zu übersetzen, hat mich schon immer interessiert.” So kam er eher zufällig zu seinem neuesten Projekt, zwar “nicht ganz freiwillig, aber mit sehr großem Interesse.” Nach einigen Übersetzungsproben stellte sich jedoch heraus, dass die Arbeit weitaus schwieriger war, als zuvor angenommen. Aber “Schwierigkeiten sind Herausforderungen”, und auch dieses Hindernis meisterte Reinhard Kaiser in eineinhalb Jahren Arbeit. Sein Ziel war es, die Lektüre für die Menschen verständlicher zu machen, denn die “falschen Freunde” – das sind Ausdrücke aus zwei Sprachen, die ähnlich klingen oder geschrieben werden, jedoch unterschiedliche Bedeutungen haben- , die langen und komplizierten Sätze und auch die andere Grammatik erschwerten das Lesen ungemein. Trotz allem habe er Grimmelshausens Buch nicht umgeschrieben, sondern nur übersetzt. Auch anstößigen Wörtern, wie sie im Original häufig verwendet werden, ist er treu geblieben. “Wenn die Geschichte es erfordert, muss man eine bequeme Sprache haben”, sagt er.
Hilfreich bei seiner Übersetzung war ihm das neunzehnbändige Wörterbuch der Gebrüder Grimm, die vorhergehenden Ausgaben des „Simplizissimus“ und die 1999 erschienene Übersetzung ins Englische.
Gespannt ist er auf die Reaktionen der Menschen, da es einige Skeptiker gibt, die an seiner Übersetzung zweifeln. “Man vergreift sich in gewisser Weise an einem Klassiker”, erklärt er, “es geht etwas vom Text verloren, aber es wird auch viel gewonnen.” Vor allem ist er gespannt auf die Reaktionen der Fachgermanisten. “Die brauchen mich als Übersetzer ja gar nicht”, lacht er.
Die Klasse 10.2 hat durch den prominenten Besuch viel Wissenswertes erfahren und durfte sich zum Schluss noch eine Leseprobe des Buches anhören, das voraussichtlich im August erscheinen wird. (Stella Müller, Klasse 10.2)