Ich war dieses Schuljahr im Rahmen des Deutsch-Kanadischen Schüleraustausches, der vom Staatlichen Schulamt Hessen organisiert wird, in Kanada. Dort habe ich die wahrscheinlich schönsten drei Monate meines Lebens erlebt.
Ich bin Ende August nach Edmonton geflogen. Edmonton ist die Hauptstadt der Provinz Alberta. Mit ca. 800 000 Einwohnern ist es auch die fünftgrößte Stadt ganz Kanadas. Ich habe etwa zwanzig Minuten von Edmonton entfernt in Stony Plain bei meiner Gastfamilie gewohnt. Meine Gastfamilie bestand neben meinen Gasteltern aus einer sechzehnjährigen Gastschwester und einem vierzehnjährigen Gastbruder. Besonders mit meiner Gastmutter habe ich mich von Anfang an gut verstanden, jedoch war sie nicht wie eine Mutter für mich, sondern vielmehr wie eine Freundin, mit der ich shoppen gehen und Filmabende verbringen konnte. Über dieses gute Verhältnis war ich besonders froh, als ich nach ungefähr drei Wochen ein wenig Heimweh hatte. Dieses ging aber relativ schnell weg und ich würde es niemals als Argument, nicht an einem Austausch teilzunehmen, nennen. Ich denke, dass dieses Heimweh dadurch zustande kam, dass die kanadische Kultur anfangs relativ ungewohnt war. Besonders musste ich mich daran gewöhnen, schon um fünf Uhr zu Abend zu essen. Auch öffentliche Verkehrsmittel gab es nicht wirklich so, wie man es aus Deutschland gewohnt ist. Außer den Schulbussen gab es außerhalb von Edmonton keine Busse und Züge gibt es so gut wie gar nicht. Es gibt zwar eine Zugverbindung zwischen Edmonton und dem Nationalpark Jasper. Jedoch kostet ein Zugticket so viel, dass es viel billiger ist, mit dem Auto zu fahren.
Am zweiten Wochenende bin ich mit meiner Gastfamilie nach Jasper gefahren. Normalerweise bin ich nicht wirklich von Natur zu beeindrucken, aber was ich dort sah, war wirklich atemberaubend. Das Wasser war genauso türkis, wie es auf den Bildern ausschaut, und die Berge waren oben mit Schnee bedeckt. Auch bin ich mit meiner Gastfamilie nach Calgary, einer circa 3 Stunden von Edmonton entfernten Stadt, gefahren und wir waren im Wasserpark und im Galaxyland, dem größten Indoar-Vergnügungspark der Welt. Beides befindet sich in der West Edmonton Mall, der größten Mall Nordamerikas.
Das kanadische Schulsystem unterscheidet sich eigentlich grundlegend vom deutschen Schulsystem. Nach der neunten Klasse wechselt man, wie es auch in den USA üblich ist, auf eine Highschool. Dort wählt man pro Halbjahr vier Fächer. Diese hat man jeden Tag in der selben Reihenfolge. Ich hatte Englisch, Mathe, Biologie und Kochen gewählt. Während ich in Biologie den normalen Lernstoff der Oberstufe durchgenommen habe, war Mathe eher relativ einfach. Größtenteils haben wir den Stoff der Mittelstufe wiederholt. Dies war aber eigentlich rückblickend sehr hilfreich, als es darum ging, den verpassten Schulstoff in Deutschland aufzuholen. Davor hatte ich wahrscheinlich am meisten Angst. Jedoch hatte ich mich schon nach zwei Wochen wieder eingefunden und konnte mich auch am Unterricht beteiligen.
Besonders beeindruckt hat mich die Freundlichkeit, mit der mich meine Mitschüler aufgenommen haben. Nach nur wenigen Wochen hatte ich relativ viele Freunde an der Schule gefunden, mit denen ich mich auch am Wochenende und nach der Schule traf. Ich persönlich fand dabei nicht, dass mir irgendwelche Sprachbarrieren im Weg standen.
Als ich Ende November nach Hause fliegen musste, wollte ich Kanada gar nicht mehr verlassen. Mir viel es so schwer von allen, die ich dort kennengelernt habe, Abschied zu nehmen, um einiges schwerer als mich von meiner Familie und meinen Freunden vor dem Hinflug zu verabschieden, denn bei ihnen weiß man, dass man sie nach drei Monaten wiedersehen wird.
Abschließend würde ich jedem nur empfehlen, an einem solchen Austausch teilzunehmen, da man nicht nur seine Sprachkenntnisse verbessert, sondern auch neue Freunde findet und man sich selbst auch besser kennenlernt. Man sollte sich nicht zu sehr über kulturelle Unterschiede Sorgen machen, sondern sich einfach auf die Kultur einlassen und die Zeit, die man hat, genießen, denn sie geht viel zu schnell um.
(Ilka Wagner)