Eine Chance für die Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten
Jede Krise bietet auch Chancen. Unter diesem Motto nutzten die Klassen 10.2 und 10.5 den durch die Pandemie erzwungenen Lockdown mit Homeschooling als Möglichkeit, eine wissenschaftlich orientierte Hausarbeit zu konzipieren.
Schülerinnen und Schüler der Klassen 10.2 und 10.5 mit Dr. Matthias Dickert | Einladung zur Lesung mit Frank Christopher Busch |
Dr. Matthias Dickert, Englischlehrer der beiden Klassen, versuchte eine erste Hinführung ins akademische Schreiben als Klausurersatzleistung. Die Idee war, den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, eine ausfallende Arbeit durch eine Hausarbeit zu ersetzen. Nach der Festsetzung einer Buchliste in der 10.5 mit Romanen wie Brave New World, Animal Farm, 1984 oder Empty World erfolgte eine Übersicht über Aufbau und Struktur der Arbeit. Das Feedback wurde über Teams mit jedem einzelnen Schüler gehalten und es erfolgte so eine Einzelbetreuung.
Die Klasse 10.2 arbeitete mit einer anderen Bücherliste, die sich direkt aus dem Unterricht ergab. Hier konnten die beiden Graphic Novels They Called US Enemy und Toshiko bearbeitet werden. Hintergrund war die literarische Aufarbeitung der Situation japanisch-stämmiger US- Amerikaner während des Zweiten Weltkrieges. Diese wurden in Amerika und Kanada diskriminiert, enteignet, deportiert und in besonderen Lagern interniert.
Die literarische Bearbeitung erfolgte eng am historischen Kontext und hatte so fächerübergreifenden Charakter mit dem Fach Geschichte und der Thematik Nationalsozialismus.
Ergänzt wurden die Hausarbeiten der Schülerinnen und Schüler mit dem Vergleich eines wissenschaftlichen Aufsatzes von Matthias Dickert selbst. Dieser verfasste parallel für ein Seminar der Universität Trier eine kritische Analyse über den Roman Obasan, der die Thematik der Unterdrückung einer ganzen Bevölkerungsgruppe im Kanada zwischen 1941 und 1948 in Romanform reflektiert.
Hier war es spannend, einen Vergleich zwischen schulischer und universitärer Arbeit zu ziehen. Zusätzlich konnten die Schülerinnen und Schüler so auch einmal die Leistungen ihres Lehrers begutachten und kritisieren, eine Idee, die in Schulen sehr wichtig ist, wenn auch oft vergessen wird, nämlich dass der Lehrer nicht nur Lehrender, sondern auch immer Lernender ist.
Erfreulicherweise wird diese Idee einer Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten nicht nur von der Kanadischen Botschaft in Berlin, sondern auch von der Universität Trier als gelungenes Projekt an der Schnittstelle Schule / Universität angesehen.
Für interessierte Schülerinnen und Schüler des Grimmelshausen-Gymnasiums ergab sich zusätzlich am 27.Mai 2021 die Möglichkeit, sich über das Marburger Zentrum für Kanadastudien zu einer Online-Lesung des kanadischen Autors Frank Christopher Busch aus Manitoba zuzuschalten. Dieser las aus seinem 2014 erschienen Roman Grey Eyes, in dem er die indigene Problematik Kanadas reflektiert. Ziel war es hier, an einer englischsprachigen Vorlesung mit Studentinnen und Studenten sowie Lehrenden aus Frankreich, Kanada und Deutschland beizuwohnen.
Der Lockdown der Schulen und Universitäten konnte so positiv genutzt werden, um inhaltliche Aspekte wie die Rolle der First Nations in Kanada virtuell erfahrbar zu machen.
Das Grimmelshausen-Gymnasium bedankt sich deshalb erneut beim Marburger Zentrum für Kanadastudien für diese weitere Möglichkeit, unseren Schülerinnen und Schülern einen frühen universitären Einblick zu gewähren.