Vom 21. bis 27. April hatte ich die besondere Gelegenheit, an der Lateinakademie „Libertas et conscientia“ (Freiheit und Gewissen) teilzunehmen. Die Akademie fand in Rocca di Papa, einem idyllischen Ort in den Albaner Bergen südlich von Rom, statt – nur wenige Kilometer von der Ewigen Stadt entfernt. Organisiert wurde sie von der „young leaders GmbH“ und durchgeführt von der Politischen und Christlichen Jugendbildung mit Sitz in München.
Aus ganz Deutschland wurden 20 Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren ausgewählt, die sich gesellschaftlich engagieren und über sehr gute Latein- und Englischkenntnisse verfügen. Ziel der Akademie war es, gemeinsam auf der Grundlage der Schriften von Thomas von Aquin über das Zusammenspiel von Freiheit und Gewissen nachzudenken – mit Blick auf ethische, philosophische und theologische Fragen.
Plena, Latein und Ethik – Denken mit Aquin
Im Zentrum der Arbeit standen die „Questiones 18 und 19“ der „Summa Theologiae“, in denen Thomas von Aquin das moralische Handeln des Menschen analysiert. In mehreren täglichen Plena setzten wir uns intensiv mit Fragen auseinander wie: Was ist gut? Gibt es neutrale Handlungen? Ist ein gegen die irrende Vernunft gerichteter Wille schlecht? Heiligt der Zweck die Mittel?
In jedem Plenum übersetzten wir einen ausgewählten lateinischen Textabschnitt vom Lateinischen ins Englische und diskutierten ihn anschließend auf Englisch mit den Referenten. Dabei war die Vielfalt an Perspektiven besonders bereichernd: Die Gespräche führten wir mit Prof. Nicanor Austriaco (Providence College, USA / Manila), Prof. Dr. John O’Callaghan (University of Notre Dame, USA) und Daniel Böhm, einem deutschen Doktoranden an der Universität Basel, welcher als Schüler auch das Grimmels besucht hat.
Ein historischer Moment – Rom zur Zeit der Papstbeerdigung
Unser Aufenthalt in Rom fiel in eine ganz besondere Woche: Einen Tag vor der Beerdigung des verstorbenen Papstes. Die Stadt war im Ausnahmezustand – Sicherheitsmaßnahmen prägten das Bild, überall waren Polizisten, Sperrungen und Menschenmengen. Doch durch unsere Kontaktperson, Pfr. Dr. Andrzej Dominik Kucinski vom Dikasterium für die Glaubenslehre im Vatikan, erhielten wir einmalige Einblicke, die für Außenstehende normalerweise nicht zugänglich sind.
Bei einem Besuch im Vatikan hielten wir uns nicht nur im Petersdom auf, wo wir den aufgebahrten Papst sehen durften, sondern wir wurden auch von Pfr. Dr. Kucinski persönlich empfangen. Er hielt für uns einen sehr spannenden Vortrag über die Geschichte, die Aufgaben und die aktuelle Arbeit des Dikasteriums für die Glaubenslehre, das eine der wichtigsten Einrichtungen innerhalb der Römischen Kurie ist. Im Anschluss durften wir sogar einen Gottesdienst innerhalb der vatikanischen Mauern mitfeiern – ein Erlebnis, das uns nachhaltig beeindruckt hat.
Kultur, Geschichte und Pizza
Darüber hinaus besichtigten wir die Vatikanischen Museen mit der beeindruckenden Sixtinischen Kapelle, bewunderten die Spanische Treppe und den Trevibrunnen und unternahmen eine faszinierende Exkursion in die antike Hafenstadt Ostia. Nach diesen intensiven Programmpunkten ließen wir den Tag oft ganz italienisch bei einer leckeren Pizza in geselliger Runde ausklingen.
Fazit: Eine Woche, die in Erinnerung bleibt
Die Lateinakademie in Rocca di Papa war eine Woche voller spannender Diskussionen, neuer Eindrücke und besonderer Begegnungen. Ich hätte nicht gedacht, dass man sich so intensiv mit mittelalterlichen Texten beschäftigen kann – und dass diese so viel mit unserer Zeit zu tun haben. Der Besuch in Rom, die außergewöhnlichen Einblicke in den Vatikan und die Atmosphäre rund um die Papstbeerdigung haben das Ganze noch einmal auf eine ganz andere Ebene gehoben.
Besonders schön war auch die Gemeinschaft mit den anderen Teilnehmenden – wir haben viel gelacht, diskutiert, gelernt und einfach eine richtig gute Zeit gehabt. Wer Lust hat, über den Tellerrand zu schauen, offen für neue Perspektiven ist und sich für Philosophie oder Theologie interessiert, dem kann ich die Teilnahme an einer solchen Akademie wirklich empfehlen.