Hans Sarkowicz erläutert Georg Büchners bewegten Familienhintergrund
Wieder einmal gab Hans Sarkowicz den Schülern des Grimmelshausen-Gymnasiums- Gelnhausen die Ehre und referierte auf belebte Art und Weise über eines seiner unzähligen Sachgebiete. Wie schon sein letzter Vortrag, der über Hörfunk während der NS-Zeit informierte, schaffte es Sarkowicz wieder, sein Publikum zu fesseln. Mit dem behandelten Thema „Die Familie Büchner“ beleuchtete der Journalist die Familiensituation des hessischen Autors Georg Büchner. Er knüpfte hiermit an ein Unterrichtsthema der zwölften Klassen an, die mehrheitlich zu dieser Zeit Büchners bekanntestes Drama „Woyzeck“ lasen.
Sarkowicz, der Mitautor eines Buchs ist, das sich mit gerade diesem Thema befasst, ist Leiter des kulturellen Bereiches im Hessischen Rundfunk. Für seine schriftstellerische Tätigkeit wurde er schon mehrfach ausgezeichnet und ist Träger des hessischen Buchpreises 2008. Anschaulich führte er die Schüler in die Lebenssituation der im neunzehnten Jahrhundert lebenden Bevölkerung ein, die in dem verfassungslosen Großherzogtum Hessen wohnten.
Die Familie Büchner hatte viele Facetten. So war der junge Georg Büchner nicht nur stets Bester seines Schuljahrgangs, sondern hatte auch eine aktive Frauenrechtlerin und einen Großindustriellen mit in der Familie. Selbst Büchners Vater, der als Soldat und Arzt in der napoleonischen Armee in Holland gedient hatte, legte noch zu Lebzeiten eine steile Karriere vor. Die Familie musste so von Büchners Geburtsort Goddelau aus nach Stockstadt ziehen, da aus dem einstig armen Amtsarzt der Vorsitzende der Gesundheitskommission geworden war. Büchners Vater begleitet somit eines der höchsten Ämter im hessischen Staat. Büchner selbst studierte in Gießen Rechtswissenschaften und Medizin. Gerade die Zeit des Studiums muss wohl prägend für seinen politischen Werdegang gewesen sein, denn auch Büchner nahm teil am „Frankfurter Wachensturm“. Hier versuchten die Regimegegner durch einen direkten Angriff auf die Frankfurter Hauptwache einen Umsturz sowohl in der damals politisch wichtigen Stadt, als auch in ganz Hessen starten zu können. Georg Büchner lehnte den Einsatz von Gewalt niemals ab.
In den folgenden Jahren war Büchner schriftstellerisch sehr aktiv. Neben „Dantons Tod“, das er zusammen mit seinem Bruder Wilhelm fertig stellte, erschien auch seine wahrscheinlich wichtigste Schrift: Der hessische Landbote. Bemerkenswert ist hier, dass sich Büchners Vater nie von ihm abwandte und sich stets zu ihm bekannte, obwohl durch sein Beamtenstatus dieses Handeln von höchster Brisanz war. Büchner, der im Laufe seines Lebens nach Straßburg und schließlich in die Schweiz auswandern musste, wurde bis heute eine Briefmarkenserie der großen deutschen Schriftsteller verweigert. Man begründet dies bis heute mit der Gefahr, die vor allem von dem hochpolitischen Werk „Hessischer Landbote“ ausgeht.
Neben Georg Büchner wurden auch seine Brüder Ludwig und Alexander Büchner zu bekannten Freidenkern, die in den revolutionären Kampf einstiegen. Ludwig wurde auch Autor und schrieb Texte, die entgegen des Zeitgeistes gegen die Kirche argumentierten und für Abtreibung Stimme erhoben. Wilhelm Büchner, der sowohl Apotheker, Politiker, aber auch Industrieller war, baute einen Weltkonzern auf. So wurden seine Farbstoffe in der ganzen Welt auf fast allen Kontinenten verkauft. In Wilhelms Fabriken gab es Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter und eine betriebliche Krankenkasse: Dinge, die heute als normal zählen, für damalige Verhältnisse jedoch revolutionär waren. Bis heute leben Büchners Nachfahren in Hessen.
(Nils Böttge, 12.3)