Die Theater AG des Grimmelshausen Gymnasiums führt unter der Leitung von Paul Ciupka
am Freitag, dem 27.Mai 2011, und am Samstag, dem 28.Mai 2011,
jeweils um 20.00 Uhr in der Aula des GGG drei Einakter von Slawomir Mrozek auf:
„Das Martyrium des Peter O´Hey“
„Racket Baby“
„Auf hoher See“
Der Eintritt ist frei.
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Zum Autor:
Immer dann, wenn der real sozialistische Alltag zu besonders absurden Situationen führte, äußerte man im Polen der späten fünfziger und frühen sechziger Jahre den Satz: „Wie bei Mrozek!“ Im kapitalistischen Westen hätte man in einem solchen Fall das Adjektiv „kafkaesk“ verwendet, doch Franz Kafka galt in den Ländern des Sowjetblocks nach offizieller sozialistischer Kunstdoktrin als Vertreter bürgerlicher Dekadenz, seine Werke wurden selten oder gar nicht aufgelegt und allenfalls unter dem Ladentisch gehandelt. Dennoch ist vor allem in den frühen Theaterstücken Slawomir Mrozeks der Einfluss Kafkas deutlich herauslesbar. Wie Kafkas Prosatexte sind Mrozeks Dramentexte als Parabeln angelegt, wie Kafka geht Mrozek stets von einer irrealen Ausgangssituation aus, die dazu dient, Macht und Ohnmacht in einer von Bürokratie, Kontrolle und Überwachung geprägten Gesellschaft zu illustrieren. Anschauungsmaterial bot ihm dazu die eigene Lebenswirklichkeit und Lebenserfahrung reichlich: Slawomir Mrozek wurde 1930 in der Nähe von Krakau in Polen geboren und erlebte somit als Jugendlicher und junger Mann den Umschwung vom Hitlerfaschismus zum stalinistischen Totalitarismus. Mrozek ist bis heute stets ein eminent politischer Autor geblieben. Aus Protest gegen den Einmarsch der Vertreter des Warschauer Paktes in Prag zur Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 beantragte er Asyl in Frankreich, seit 1978 besitzt er die französische Staatsbürgerschaft. Gegen die Verhängung des Kriegsrechtes durch General Jaruzelski und die Verfolgung der Bürgerrechtsbewegung in Polen 1981 protestierte Mrozek zusammen mit anderen führenden Intellektuellen in zahlreichen Resolutionen, was schließlich zu einem Verbot seiner Schriften in Polen führte. 33 Jahre verbrachte Mrozek im Exil, abwechselnd in Frankreich, Deutschland, Italien und schließlich sechs Jahre in Mexiko, bis er 1996 nach Polen zurückkehrte, wo er seither in Krakau lebt. Mrozek ist noch heute schriftstellerisch aktiv, in der auflagenstärksten polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ werden seine Kolumnen und Karikaturen regelmäßig veröffentlicht.
Als Karikaturist und Zeichner hat Mrozek seine künstlerische Karriere Mitte der fünfziger Jahre auch begonnen. Mit seinem ersten Stück „Die Polizei“, eine satirische Parabel auf einen totalitären Überwachungsstaat, landete er 1958 nicht nur in Polen, sondern international auf Anhieb einen großen Erfolg. Seine Theaterstücke wurden dann sehr bald dem so genannten „absurden Theater“ zugeordnet. Der Begriff „absurdes Theater“ wurde von dem Theaterwissenschaftler Martin Esslin in einer 1961 veröffentlichten Studie geprägt. Zu den Vertretern dieser Richtung des modernen Theater zählte er die damals sehr erfolgreichen Dramatiker Samuel Beckett, Eugéne Ionesco, Jean Genet, Fernando Arrabal und andere.
Slawomir Mrozek hat sich allerdings stets skeptisch zu einer Zuordnung zum „Theater des Absurden“ geäußert. Die drei von uns ausgewählten Einakter, „Das Martyrium des Peter O´Hey“ und „Auf hoher See“ aus dem Jahr 1961 sowie „Racket Baby“ aus dem Jahr 1963, belegen, dass Mrozek nicht nur die Spuren Kafkas weiterverfolgt, sondern dass er zugleich ein Ahnherr des schwarzen Humors der englischen Komikergruppe „Monty Python“ sowie des deutschen Satirikers Loriot ist. Während der Humor der „Monty Pythons“ eher anarchisch-dadaistisch daherkommt und Loriot die komische Seite des bürgerlichen Alltaglebens beleuchtet, bleibt Mrozek als Humorist immer in erster Linie ein politischer Moralist. Das Gelächter bei Mrozek dient dazu, die Mächtigen zu demaskieren, die Strategien der Unterdrückung zu durchkreuzen. Sein Gelächter ist daher immer ein Stück weit entsetzlich.
(Paul Ciupka)