GELNHAUSEN (maw). „Die Kinder trifft es immer als erste“, sagt Jan Niklas Jansen und begründet damit kurz und bündig warum er und seine Klassenkameraden anderen Kindern helfen möchten. Im Rahmen des katholischen Religionsunterricht hatten sich die Schüler der Klassen 5.2 und 5.8 des Gelnhäuser Grimmelshausen Gymnasiums mit der Fragestellung „Wo ist die Welt nicht in Ordnung?“ beschäftigt.
In Partnerreferaten stellten die Schüler im Unterricht ihre Arbeitsergebnisse vor. „Die Bandbreite der behandelten Themenfelder war wirklich beeindruckend“, berichtet Religionslehrer Raimund Baulig. Die Schüler haben sich mit dem Klimawandel, Umweltzerstörung, Fairem Handel oder Kinderarbeit beschäftigt. Sie recherchierten gemeinsam im Internet, lasen Zeitung und informierten sich in der Bibliothek über ihr jeweiliges Thema. Die Jungen und Mädchen beschäftigten sich bei der Recherche sowohl mit Fragen aus ihrem eigenen Lebensumfeld, wie auch mit Internationalen Problemen. Nachdem bei einem Referat das Bild eines Jungen gezeigt wurde, der im Abwasserkanal watet um Verwertbares herauszuziehen, beschloss die Klasse, nicht nur über Ungerechtigkeit zu diskutieren, sondern konkret zu helfen. „Am schlimmsten fanden wir, dass in anderen Ländern Kinder ohne Ausbildung bleiben und so in die Kinderarbeit getrieben werden“, erläutert Miriam Simons die Überlegungen ihrer Mitschüler. Schnell kam die Klasse auf die Idee, eine Patenschaft für ein Kind zu übernehmen. Miriam Simons‘ Großmutter unterstützt bereits ein Kind und Alisa Hildebrand hatte schon einmal im Fernsehen einen Bericht über solche Patenschaftsprogramme gesehen. „Herr Baulig hat dann Kontakt zur Organisation ‚Kindernothilfe‘ aufgenommen“, erzählt sie. Die schickte die Profile von drei Kindern an die Klasse, eines davon wollten die Schüler unterstützen. Die Entscheidung sei nicht leicht gewesen, berichten die Kinder. Alle vorgestellten Patenkinder wären es wert gewesen, von ihnen unterstützt zu werden ist sich die Klasse einig. Letztlich musste eine Entscheidung fallen. Die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler stimmte für Seifu Edris aus Äthiopien. Dass er mit neun Jahren noch in den Kindergarten geht hat die Schüler am meisten erschreckt. Auch die Tatsache, dass er noch 18 Geschwister hat, trug zur Entscheidung bei. Seifu Edris wird in Zukunft mit monatlich 31 Euro von der Klasse unterstützt. Jedes Kind gibt, soviel es kann und im Notfall haben schon Eltern und Großeltern ihre Hilfe angeboten. Für die beiden „unterlegen“ Kinder sucht die Klasse jetzt Paten im Verwandtschaftskreis. Zunächst freuen sich die Schüler aber auf den ersten Kontakt mit dem neunjährigen Äthiopier. „Wir wollen uns regelmäßig Briefe schreiben“, freut sich Miriam Simons. Eine Stunde im Monat will die Klasse künftig ihrem Patenkind widmen um Briefe zu lesen oder zu schreiben. Die Klasse wünscht sich, ihm mit der Patenschaft zu einer Ausbildung zu verhelfen. „Wenn er einmal als Handwerker oder in einem anderen Beruf arbeiten kann, wird er nicht nur sich, sondern auch seine Familie versorgen können“, ist Niklas Jansen vom Sinn der Patenschaft überzeugt. Religionslehrer Raimund Baulig ist stolz auf seine Schüler. „Es ist schön zu sehen, wie ernsthaft sie an das Thema herangegangen sind“, freut er sich und lobt das Verantwortungsgefühl der Schülerinnen und Schüler. “Das eine Klasse von sich aus sich sozial engagiert ist außergewöhnlich und verdient höchste Achtung“, stellt er der Klasse ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. („Gelnhäuser Tageblatt“ 10.2.2009)