Russland im Winter

Grimmels zum Gegenbesuch in Istra 

Russland im Februar? Viel Schnee und Temperaturen um -20 Grad hatte man uns gesagt, als wir uns entschieden hatten den Schüleraustausch des Grimmelshausen-Gymnasiums Gelnhausen mit der Lermontowschule in Istra im Winter durchzuführen. Nachdem der Besuch der russischen Schülerinnen und Schüler im vergangenen September in Gelnhausen erfolgt und in diesem Kontext das 25-jährige Jubiläum des Austauschs begangen worden war, stellten wir uns nun auf den harten russischen Winter ein. Tatsächlich herrschte eine Woche vor unserem Abflug noch sibirische Kälte mit Tiefsttemperaturen von -28 Grad, verbunden mit heftigem Schneefall, sodass wir die wärmsten Kleidungsstücke in den Koffer packten, die wir zu Hause finden konnten.  
Nun konnte es losgehen. Angekommen am Moskauer Flughafen Domodedowo wurden wir von unseren russischen Freunden und den beiden Organisatorinnen Larissa Lindina, die den Austausch von Anbeginn leitet, und Olga Ionova, selbst ehemalige Teilnehmerin am Schüleraustausch, herzlich in Empfang genommen. Uns erwartete in den nächsten zehn Tagen ein überwältigendes Programm, angefangen mit der offiziellen Begrüßung an der Partnerschule, die seit dem letzten Besuch im September 2016 umfassend modernisiert und erweitert wurde. Zunächst hieß die Schulleiterin, Irina Malykh, die Deutschen herzlich willkommen, dann richtete der Landrat, Herr Wicharew, Grußworte an die Gäste und betonte dabei die Relevanz des Austausches für den Kreis Istra. Auch die Leiterin des Bildungsamtes, Frau Nikolajewa, sagte ihre Unterstützung der zukünftigen Austausche zu. Auf deutscher Seite hob Fachbereichsleiterin Frau Sabine Hartmann im Namen der Schulleitung den Beitrag des Schüleraustauschs für die Völkerverständigung hervor. Umrahmt wurde die Veranstaltung durch ein beeindruckendes Unterhaltungsprogramm, bestehend aus Tänzen, Gesangseinlagen, Folkloregruppen und dem Jugendblasorchester der Stadt Istra, über das das Fernsehen im gesamten Moskauer Gebiet berichtete.  

In den folgenden Tagen standen Unterrichtshospitationen, Workshops, Projektarbeit und Kultur im Mittelpunkt. Besonders viel Spaß machten das Zusammenbauen und Programmieren eines Roboters sowie das Bemalen einer Uhr in Form einer Matruschka, der berühmten, bunt bemalten Schachtelpuppe aus Holz, die als Mitbringsel in keinem unserer Koffer fehlen durfte.  Mehrfach wurde ein Workshop für russische Folkloretänze in der Schule besucht. Natürlich erkundeten wir auch Istra, das uns zum zweiten Zuhause werden sollte. „Ich hätte nicht gedacht, dass eine so kleine Stadt wie Istra ein so großes und schönes Kloster hat“, schwärmt Sophie Engels aus der 10.2. Das Kloster Neu-Jerusalem strahlt nach seiner vollständigen Restaurierung in frischen Farben und goldenem Glanz seiner Kuppeln. Derzeit werden im Museum Neu-Jerusalem Fabergé-Exponate ausgestellt, die zum Teil aus dem Fabergé-Museum in Baden-Baden ausgeliehen sind. Durch diese Sonderausstellung führte uns in deutscher Sprache Nastja Lindina, die selbst auch vor einigen Jahren am Austausch teilgenommen hatte. 
Ein absoluter Höhepunkt war der abendliche Besuch des Balletts „Nussknacker“ im Theater innerhalb der Kremlmauern in Anzug und Abendkleid. Herrlich war auch der Bummel über den in bunte Lichter getauchten Roten Platz mit seiner Eisbahn. „Am besten gefallen hat mir der Besuch des Museums für Kosmonautik“, sagte Joana Stolz, „da man hier die Entwicklung der Raumfahrt anhand von interaktiven Modulen hautnah erleben konnte. Das Testen eines Raumfahrtflugsimulators war etwas Besonderes.“
Die Tretjakow-Galerie bot Einblicke in die russische Malerei. 

In all der Zeit vertieften die Schüler in Deutschland begonnenen Freundschaften, wobei die Sprachbarrieren zunehmend an Bedeutung verloren. Die überwältigende russische Gastfreundschaft tat hierbei ihr Übriges. 

So verging die Zeit wie im Fluge, und schon bald mussten die Koffer wieder gepackt werden. Das war schwieriger als gedacht, hatten die Gastgeber doch mehr Geschenke mitgegeben als aus Deutschland mitgebracht. Den Abschluss bildete das Abschiedsfest in der Schulaula, auf dem die gemeinsam erarbeiteten Projekte von den deutschen und russischen Schüler vorgestellt wurden. Das Spektrum reichte von Präsentationen von Fotos des Austausches und Kurzfilmen über ein Tutorial zum Backen eines russischen Kuchens bis zum Anfertigen von Fotocollagen, Trachtenpuppen und Sandbildern.

Nach der Aufführung einer gemeinsam getanzten Polka zeigten die deutschen Schülerinnen und Schüler auf der Bühne, was sie beim Workshop „Russischer Tanz“ gelernt hatten, und zwar gekleidet in russischer Tracht. Das Engagement der Gasteltern, die für Essen und Getränke sorgten, ließ diesen Abend zu einem großartigen Abschluss des Schüleraustauschs werden. 

Die Istraer Kreistagsabgeordnete Galina Utkina überreichte den Organisatoren auf deutscher Seite, Mark Adrian und Franziska Wöll, zum Dank eine Urkunde, ebenso Irene Lanz, die seit 25 Jahren mit dem Austausch verbunden ist. 

Am nächsten Tag folgte der tränenreiche Abschied von den neu gewonnenen Freunden in Istra, jedoch bedeutet jeder beendete Schüleraustausch den Planungsbeginn der nächsten interkulturellen Begegnung zwischen der Lermontow-Schule und dem Grimmelshausen-Gymnasium Gelnhausen. 

„Diesen Austausch werde ich niemals vergessen. Es war ein Abenteuer, das ich mit vielen netten Menschen zusammen erlebt habe, die nun meine Freunde sind!“, resümierte Nicole Schröder aus der 9.6. 

Im Übrigen hatten sich unsere Befürchtungen hinsichtlich des harten russischen Winters nicht bestätigt, denn mit unserer Ankunft hatte Tauwetter eingesetzt. Väterchen Frost war der herzlichen und warmen Freundschaft gewichen, der viele Schnee aber bildete eine schöne Fotokulisse.