Zurufe auf der Straße oder Blicke fremder Menschen

Julian-Chaim Soussan berichtete vom Leben als Rabbi in Frankfurt

7.000 Menschen sind Mitglied in der Orthodoxen Jüdischen Gemeinde Frankfurt – Julian-Chaim Soussan ist einer davon. 

Am 07. November 2022 besuchte der Rabbiner das Grimmelshausen-Gymnasium in Gelnhausen. Mit dem Workshop „Meet a Rabbi“ gab er uns, der Jahrgangsstufe 12 im Fach Geschichte, einen Einblick in sein Leben und beantwortete unsere Fragen.

Der orthodoxe Rabbiner Julian-Chaim Soussan wurde 1968 in Schluchsee geboren und verbrachte später seine Kindheit in Freiburg. Im jungen Alter studierte er Volkswirtschaft und Judaistik an der Universität Heidelberg und später an der Hochschule für Jüdische Studien. In dieser Zeit lehrte er in Stuttgart jüdische Religion für ungefähr 10 Jahre. Anschließend bekam er einen Platz als Religionslehrer in Düsseldorf. Nach Kontaktierung von Paul Spiegel, dem damaligen Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, reiste Herr Soussan nach Jerusalem und absolvierte dort eine Ausbildung zum Rabbiner, um kurz danach im Mai 2003 seine Ordination zu erlangen. Als Gemeinderabbiner arbeitete Soussan von 2003 bis 2011 in Düsseldorf, später dann in Mainz und anschließend in Frankfurt. 

Nachdem wir Schülerinnen und Schüler der Geschichtskurse seinen Lebenslauf gehört hatten, fiel schnell auf, wie wechselhaft Julian-Chaim Soussans Leben bis zu diesem Zeitpunkt gewesen ist und wir wollten wissen, wie es weiterging. Gut kann ich mich daran erinnern, wie er angefangen hat zu schmunzeln, als er merkte, wie interessiert und gespannt wir seiner Lebensgeschichte lauschten. 

Soussan erzählte, dass er bis zum heutigen Zeitpunkt in Frankfurt geblieben ist – und mittlerweile verheiratet ist und zwei Söhne hat. Ebenso ist er neben seiner Tätigkeit als Rabbiner in Frankfurt Mitglied des Vorstandsbeirats der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD). 

Zurückblickend auf die vorherigen Geschichtsstunden und zum Thema Antisemitismus im Alltag wollten wir wissen, wie Herr Soussans Alltag als Rabbiner aussieht und ob er mit antisemitischen Situationen im Alltag zu kämpfen habe. 

Er erzählte, dass er morgens, mittags und abends bete, die Synagoge besuche und in der Gemeinde umfangreiche Gemeindearbeit leiste. Auch von seinem Lieblingsrestaurant in Frankfurt berichtete er, welches ausschließlich koscheres Essen anbiete. 

Aber auch Herausforderungen bringt der Alltag mit sich. Seien es Blicke auf der Straße oder Zurufe von fremden Menschen. Soussan beschrieb, wie einer seiner jüdischen Freunde eines Tages angegriffen wurde, als er mit Kippa auf dem Kopf in der Innenstadt von Offenbach am Main lief. Uns alle schockierte es sehr, als wir das hörten. 

Ich spreche im Namen der Geschichtskurse, die an diesem Workshop teilnahmen, wenn ich sage, dass der Einblick in das Leben von Julian-Chaim Soussan interessant, einblickend und aufschlussreich war.

Antisemitismus ist leider auch heute noch ein großes Thema in unserer Gesellschaft. Man sollte seine Augen davor aber nicht verschließen, sondern hinschauen und aufklären. Denn nur durch Aufklärung kann man Antisemitismus entgegenwirken und sich neu aufkommenden Tendenzen in dieser Richtung entgegenstellen. 

Jule Emilia Müller (Q 3 Geschichte)