Es waren intensive zwei Stunden, die ein literaturbegeistertes Publikum am 30.9.24 im Kulturkeller des Grimmelshausen-Gymnasiums verbachte. Im Zentrum standen die 11 in den Sparten „Jugendbuch“ und „Preis der Jugendjury“ für den deutschen Literaturpreis nominierten Bücher – vorgestellt und präsentiert von den 16 Mitgliedern der Literatur AG unter der Leitung von Christine Bischoff.
Als Moderatorinnen führten Matida Gorol und Emma Arnold (8.6) durch den Nachmittag und begleiteten das Publikum durch literarische Welten. Im ersten Block standen die Titel aus der Kategorie „Jugendbuch“ im Fokus – zunächst vier Romane aus der aktuellen Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler:
- der Skaterer-Roman „Kurz vor dem Rand“ von Eva Rottmann (vorgestellt von Emma Weyer und Carla Tews)
- die Freundschaftsgeschichte „Fred und ich“ von Lena Hach (vorgestellt von Julia Grottke)
- die Grafic Novel „Snapdragon“ von Kat Leyh (vorgestellt von Matida und Marley Gorol) und
- der sehr berührende Text „Nur ein wenig Angst“ von Alexander Kielland Krag (vorgestellt von Laura Linke und Nele Albers), der den 17-jährigen Cornelius begleitet, dessen Leben plötzlich von Panikattacken erschüttert wird. Besonders unmittelbar wirkt dieser Text durch die direkte Erzählperspektive und die Leerstellen, die nicht nur das Layout lässt. Dieser Text erschien dem Publikum und den Teilnehmenden als ganz besonders preiswürdig, da darin ein wichtiges und erschreckendes Thema feinfühlig und poetisch erzählt wird.
Aus dem Bereich der politischen und gesellschaftskritischen Literatur stammt „Cane warriors. Niemand ist frei, bis alle frei sind“ von Alex Wheatle (vorgestellt von Regina Geist und Julia Grottke). Schonungslos zeigt der 14-jährige Ich-Erzähler das menschenverachtende System der Sklaverei und den unbedingten Wunsch nach Freiheit, Selbstbestimmung und menschenwürdigem Leben.
Von kaum auszuhaltender Aktualität ist „Über den Dächern Jerusalems“, erzählt von der Journalistin Anja Reumschüssel (vorgestellt von Johanna Miesner und Julia Grottke), und gleich in beiden Sparten nominiert. Im Zentrum des Romans steht der Nahostkonflikt – in der Zeit vor der Eskalation, die seit einem Jahr die Region und die Welt erschüttert. Der Roman wertet nicht und bezieht keine Position – erzählt wird aus vier Perspektiven: Tessa und Anat für die israelische Seite und Mo und Karim für die palästinensische Seite. Einfühlsam wird von Begegnungen und Nähe und unüberwindbar scheinender Distanz erzählt. Vielleicht wirklich der Roman der Stunde.
Nach einer kurzen Pause, in der die Gäste von Schülerinnen des Abiturjahrgangs mit Getränken und Brezeln versorgt wurden, standen die von der jugendlichen Jury nominierten Bücher im Fokus.
Dass Fantasy und Mythos jugendliche Leserinnen und Leser in unserer von Kriegen und Krisen erschütterten Welt faszinieren und anziehen, zeigen die beiden Lieblingsromane der AG: der Fantasyroman „Fourth wing“ von Rebecca Yarros (vorgestellt von Emma Weyer, Carla Tews, Matida Gorol und Noelle Schmotzer) und der Mythosroman „Stoneblind. Der Blick der Medusa“ von Natalie Haynes (gelesen von Matida Gorol, Noelle Schmotzer, Emma Weyer, Elias Reißer und Emilia Schäfer). In seinem Statement stellte Elias allerdings trotzdem auch die Gegenwartsbezüge der Mythosrezeption deutlich her.
Neben „Über den Dächern von Jerusalem“ ist Krieg in dieser Sparte auch im Roman „Durch das große Feuer“ von Alice Winn (vorgestellt von Julia Grottke) präsent. Der Roman erzählt, mit Briefen und Gedichten durchsetzt, von den Fronterlebnissen zweier Freunde im Ersten Weltkrieg.
Direkten Bezug zur persönlichen Lebenswelt hat die eigenwillig-poetische Geschichte vom Glücklichsein „Toffee“ von Sarah Crossan (vorgestellt von Viktoria Farr) und der Highschool-Roman „Der beste Beweis ist du“ von Jesmeen Kaur Deo (vorgestellt von Leyla Reißer und Emma Arnold), in dem es um Schönheitsideale und die manipulative Wirkung sozialer Medien geht – und den Mut, sich dem mit der eigenen Persönlichkeit entschlossen entgegenzustellen.
Als zwölftes Werk stellten Isabell Prasch und Viktoria Farr die wirklich unter die Haut gehende dokumentarische Grafic Novel „Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung“, erzählt und gezeichnet von Barbara Yelin, vor, in der die traumatische Lebensgeschichte der Holocaustüberlebenden Emmie Arbel aus den Erinnerungsfetzen der Gegenwart heraus erzählt wird. Dieses Buch ist in der Kategorie „Sachbuch“ nominiert, verbindet „Preisverdächtig“ aber mit dem neuen Geschichts- und Literaturprojekt „Facts not Fiction“, in dem Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 und 11 mit Christine Bischoff und Lukas Walz in Kooperation mit den Arolsen Archives jüdische Biographien erarbeiten und im Genre Grafic Novel dokumentarisch erzählen.
Wichtig und lesenswert sind sie alle, die 12 am 30.9.24 besprochenen Werke. Den Jugendlichen der LiteraturAG und den Gästen schien das Eintauchen in die literarischen Werke und der Austausch darüber wichtiger als ein Ranking.
Trotzdem werden alle am 18.10. ab 17:30 mit Spannung verfolgen, welche Bücher nun den begehrten Preis erhalten. Mitten in den Ferien wird Christine Bischoff mit einem großen Teil der AG zur Buchmesse fahren und dann im Congress Center der Preisverleihung beiwohnen.