Grimmels zu Gast in Istra

Die deutschen und russischen Schüler  mit den Leiterinnen des Workshops, in dem russische Holzlöffel bemalt wurden.Bereits zum neunten Mal weilte vom 19. bis 28. September eine Schülergruppe aus Gelnhausen im russischen Istra (Moskauer Gebiet) und setzte damit den 1993 begonnenen Austausch zwischen der Lermontowschule und dem Grimmelshausen-Gymnasium in Gelnhausen fort, der auf russischer Seite von Larissa Lindina. Deutschlehrerin an der Lermontowschule, seit nunmehr 18 Jahren mit großem Engagement geleitet wird. Unterstützt von ihrer Kollegin Nadeshda Schmeljowa, hatte Frau Lindina auch diesmal ein sehr interessantes und abwechslungsreiches Programm für die deutschen Gäste vorbereitet.

Montags landeten die neun deutschen Schüler in Begleitung zweier Lehrkräfte in Moskau, wo sie von den Gastgebern aus Istra herzlich empfangen wurden. Der Koordinator des Austausches am Grimmelshausen-Gymnasium, Studienrat Mark Adrian, hielt sich zum dritten Mal in Istra auf, Studienrätin Gisela Becker, die viele Jahre auch Russisch am Grimmelshausen-Gymnasium lehrte, begleitete bereits die erste deutsche Gruppe 1993 nach Istra.

Die Teilnehmer des Austausches mit den beteiligten Lehrkräften der Lermontowschule und des Grimmelshausen-Gymnasiums.Die offizielle Begrüßung der Teilnehmer des Austausches erfolgte am Dienstagmorgen in der Lermontowschule durch die Direktorin Tamara Worobjowa, wobei traditionell Brot und Salz gereicht wurden. Schüler verschiedener Jahrgänge sorgten für ein kurzweiliges Programm, bestehend aus tänzerischen und musikalischen Einlagen, die russischen Gasteltern sorgten für Tee und Gebäck. Eigens für die deutschen Schüler hatten Frau Lindina und ihre Kolleginnen in ihrem Unterricht Präsentationen über den Kreis Istra und die deutsch-russische Geschichte vorbereitet. In Workshops lernten die deutschen Schüler, wie traditionelle russisches Holzlöffel bemalt und Pfannkuchen gebacken werden. Über die Lermontowschule äußerte Michael Heil: „Die Schule unterscheidet sich deutlich von unserer. Das Gebäude ist wesentlich kleiner und damit überschaubarer als das Grimmelshausen-Gymnasium.“ Tatsächlich besuchen zur Zeit etwa 430 Schüler die Lermontowschule. Überrascht waren die deutschen Schüler, dass in Russland nur eine Fremdsprache erlernt wird und man sich daher zwischen Deutsch und Englisch entscheiden muss. Die Verständigung zwischen Deutschen und Russen stellte aber kein wirkliches Problem dar. „Das Kommunizieren war nicht immer einfach, aber im Zweifelsfall versteht man sich auch ohne Worte“, brachte es Lina Knoth auf den Punkt.

Die Führung durch das berühmte Istraer Kloster Neu-Jerusalem wurde von Natascha Schmeljowa, die an den letzten Austauschen selbst teilgenommen bzw. als Übersetzerin geholfen hatte, begleitet und übersetzte für die deutschen Gäste.

Ein Höhepunkt im Programm war der Besuch des Sternenstädtchens, wo die Teilnehmer im Rahmen einer Führung mit dem russischen Kosmonauten Sergej Saljotin zusammentrafen, dessen sehr lebendige Schilderungen über seine 2000 und 2002 erfolgten Flüge zur Station Mir bzw. zur Internationalen Raumstation von der sehr talentierten Dolmetscherin Nastja Lindina, einer ehemaligen Teilnehmerin des Schüleraustausches, problemlos übersetzt wurden. Die Schüler aus Deutschland waren sehr beeindruckt. „Der Besuch des Sternenstädtchens war eine tolle Erfahrung, da das etwas Besonderes ist und man vielleicht nur einmal im Leben die Gelegenheit bekommt, so etwas zu besichtigen“, so Niklas Beck, der vor allem vom Trainingszentrum für Außeneinsätze im All begeistert war: „Die Anlage wurde gerade in Betrieb genommen und ins Wasserbecken abgesenkt, als wir uns dort aufhielten.“

Der folgende Tag begann mit einer Führung durch die ehemalige Zarenresidenz Kolomonskoje, wo gegen Mittag ein Folkloreprogramm unter Einbindung der deutschen und russischen Schüler stattfand. Gespielt wurde eine russische Hochzeit nach altem Brauch, was allen großen Spaß bereitete. Die zweite Tageshälfte blieb der Tretjakow-Galerie vorbehalten, die auch jene Schüler begeisterte, die bisher kein großes Interesse an Kunst hatten. „Wunderbare Bilder!“, entfuhr es Wolf Ungermann, und für seinen Mitschüler Jan Renner war der Besuch der Gemäldesammlung gar der persönliche Höhepunkt seines Aufenthaltes in Russland. Am Wochenende fuhren denn auch seine Gasteltern mit ihm noch einmal nach Moskau, um die Tretjakow-Galerie aufzusuchen. Überhaupt zeigten sich die deutschen Gäste von der russischen Gastfreundschaft sehr beeindruckt. „Ich wurde sehr freundlich empfangen. Meine Gastfamilie hat mir jeden Wunsch erfüllt, ohne dass ich ihn äußern musste“, sagte Wolf Ungermann. Ähnlich drückte es Michael Heil aus: „Die Familie war vom ersten Moment an unglaublich nett zu mir. Man hat sich um mich gekümmert, mir ein eigenes Zimmer zur Verfügung gestellt und sogar meine Wäsche gewaschen und gebügelt, wenn es notwendig war. Mein tiefster Respekt gilt meiner Gastmutter, die sich trotz ihrer drei Kindern stets um mein Wohl gesorgt hat.“

Am Samstagabend fuhr die gesamte Gruppe nach Moskau, um ihm Stanislawski-Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheater das Ballett „Schwanensee“ anzusehen, von dem Lina begeistert war: „Es war eine traumhaft schöne Aufführung. Ich hätte das Theater am liebsten nie mehr verlassen!“ Im Anschluss an das Ballett schlenderte man über den Roten Platz, für viele der deutschen Gäste ein besonderer Moment. „Den Roten Platz bei Nacht zu sehen, war einer der schönsten Momente in meinem Leben. Die angestrahlte Basilius-Kathedrale war ein phantastischer Anblick“, sagt Michael und spricht damit aus, was auch seine Mitschüler Lena Jablonowski, Janosch Dörfel und Jan Wagner empfanden.

Es folgten die Besichtigung des Kreml mit der Rüstkammer, ein weiterer Besuch des Roten Platzes sowie der Arbat-Straße, ehe der Austausch mit einer Stadtrallye durch Istra und dem Abschiedsfest in der Lermontowschule zu Ende ging. Von den deutschen und russischen Schülern gemeinsam erstellte Fotoalben und Plakate zum Schüleraustausch wurden präsentiert, Lieder und Gedichte vorgetragen sowie im Schulgarten sowohl eine deutsche Eiche als auch eine russische Birke als Symbole der Völkerfreundschaft gepflanzt. Bereits zuvor hatten der Istraer Bürgermeister Saweljew in Begleitung der Vizebürgermeisterin, die den Austausch unterstützen, sowie der Leiter des Schulamtes im Bezirk Istra, Herr Korowkin, in der Aula der Lermontowschule einige Worte an die Teilnehmer gerichtet.

Für die Realisierung des Programmes sorgten nicht nur Frau Lindina mit ihrer hervorragenden Organisationsgabe, sondern auch private Sponsoren, die Gasteltern sowie der Kreis Istra, welcher eine enge Partnerschaft mit dem Main-Kinzig-Kreis unterhält.

Der Abschied fand allen Teilnehmern schwer. „Unsere Gruppe ist einfach Klasse!! Lustig, nett, und niemand wird ausgeschlossen. Ich liebe sie alle. Vor allem finde ich es schön, dass unsere Austauschpartner viel mit uns unternehmen“, meint Nadja Moßmann, die selbst fließend Russisch spricht. „Wir freuen uns bereits auf den Besuch der russischen Gruppe im März 2012 und hoffen, unseren Gästen ein ebenso großartiges Programm bieten zu können, wie man es uns in Istra geboten hat“, so Studienrat Adrian.

(Mark Adrian)